»IMAGON«

Leseprobe 4


Ich lauschte nach verdächtigen Geräuschen; dem Schaben gewaltiger, beinloser Körper über Fels, wütendem Schnauben oder sich nähernden Schritten. Kein Laut drang an meine Ohren. Ich hörte wiederum nur den Wind.
   Hastig schlüpfte ich in meine Stiefel und sah mich unschlüssig um. Linkerhand türmten sich nach etwa fünfzig Metern abschüssigem Boden zerklüftete Felsen auf, und auch vor mir bildete eine nur noch als verschwommener Schemen erkennbare Bergflanke ein scheinbar unüberwindliches Hindernis in der Ferne. In meinem Rücken gähnte der bezwungene Abgrund, rechterhand stieg das Gelände sanft an. Ich orientierte mich bergauf, bemühte, auf dem Geröll so lautlos wie möglich aufzutreten. Mehrere hundert Meter legte ich schleichend zurück, ständig darauf bedacht, den Boden vor und neben mir im Auge zu behalten, um ein unnötiges Lostreten von Gestein oder einen Sturz zu vermeiden. Wenn ich stehen blieb, um meinen Atem zu beruhigen, warf ich furchtsame Blicke zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war.
   Ab und an vernahm ich Geräusche, die sich wie fliehende Hufe auf nacktem Fels anhörten. Schreckte ich jedoch herum, um den Verursacher zu erspähen, blickte ich nur in grauweißes, bewegungsloses Allerlei. Es ist nur ein verirrtes Rentier, versuchte ich mich zu beruhigen. Und eine andere Stimme fragte: Wie hoch ins Gebirge steigen Rentiere? Könnte es nicht ein Bär sein? Welche Geschöpfe bevölkern überhaupt die Zeit, in die es dich verschlagen hat - Jahrtausende in die Vergangenheit oder in die Zukunft?
   Schweigend und frierend kletterte ich weiter, suchte zwischen den Felsen eine Möglichkeit, hinab ins Tal zu gelangen. Inzwischen war der Nebel so dicht geworden, dass ich kaum weiter blicken konnte als fünf Meter. Alles um mich herum versank in feuchtem Grauweiß, das kaum mehr als einen orientierungslosen Schritt vor dem anderen erlaubte. Irgendwann hatte ich den Eindruck, das Gelände verlaufe auf einmal diagonal, stiege links an und falle rechts leicht ab. Zudem war der Boden von deutlich weniger Geröll übersät. Dafür ragte hier und da eine massive Felsspitze empor. Ich lief aus reinem Zweckoptimismus bergab ins Ungewisse - um alsbald festzustellen, dass der Abhang immer steiler wurde. Kaum zwanzig Meter vor mir mochte sich eine Hunderte von Metern tiefe Klippe befinden, ging es mir durch den Kopf. Ein falscher Tritt, ein Ausrutschen ohne Halt ...
   Ich lief bedachtsamer und versuchte nicht daran zu denken, in welch schwindelnden Höhen ich herumkletterte. Irgendwann wurde der Abhang so steil, dass ich innehielt und mich verunsichert auf den Boden kauerte. Der Fels war feucht, ebenso meine Kleidung, und meine Hände waren klamm und steif. Mein Instinkt wollte mich zwingen, wieder nach oben zu klettern. Mein Verstand hingegen ließ mich einen handgroßen Felsbrocken aufheben und ihn ein paar Meter bergab werfen.
   Der Stein kollerte schätzungsweise dreißig Meter immer rasanter den Abhang hinab, dann folgte ein Geräusch, als sei er ins Wasser gefallen. Ich lauschte noch einige Sekunden, nahm einen zweiten Stein, erhob mich vorsichtig und schleuderte ihn mit aller Kraft davon. Wieder herrschte für Sekunden Stille, dann erklang ein leises, aber deutliches Plumpsen.
   Mein Herz schlug aufgeregt gegen meine Rippen. Irgendwo dort unten im Nebel lag ein Bergsee! Wasser gegen den Durst, und mit viel Glück ein Fisch gegen den Hunger ...
   Vorsichtig rutschte ich auf allen Vieren weiter bergab, ständig in Erwartung einer meterhohen Klippe, die plötzlich vor mir abfiel. Der Abhang wurde noch steiler, und ich hatte Mühe, selbst auf dem Hosenboden und mit ins Gestein gestemmten Absätzen nicht abzurutschen. Dann erkannte ich unter mir eine Wasserfläche. Der Felsabhang mündete in einem steilen Winkel direkt in den Bergsee, der an dieser Stelle einige Meter tief zu sein schien. Aber ich sah auch das andere Ufer, kaum zehn Meter von mir entfernt, flach und kiesbedeckt. Was dahinter lag, konnte ich nicht erkennen. Die gegenüberliegende Seite wurde jedoch von keinem Bergschatten verdunkelt.
   Ich entschied mich, vorsichtig nach rechts zu klettern. Der See besaß in etwa die Form eines Sichelmondes. Ich fand kein Ufer auf der rechten Seite vor, sondern eine senkrechte Felswand, von der ein dünnes, den See speisendes Rinnsal tropfte. Dafür war die gegenüberliegende Seekante nicht ganz so steil wie die, auf der ich kauerte, und nur noch etwa anderthalb Meter entfernt. Ein kräftiger Sprung, und ich war drüben.
   Während ich auf der anderen Seite noch ums Gleichgewicht rang, vernahm ich über mir ein plötzliches Donnern. Erschrocken blickte ich auf und sah durch den Nebel bereits die ersten Felsbrocken auf mich zurasen. Panikartig versuchte ich, noch ein paar Meter der Seekante empor zu klettern, als schon die ersten Geschosse ins Wasser einschlugen. Der See explodierte regelrecht, eiskalte Gischtfontänen durchnässten mich bis auf die Haut. Ich spürte einen harten Schlag gegen das linke Knie, im gleichen Moment einen stechenden Schmerz, und wäre fast zusammengeklappt und vornüber in den See gestürzt. So unvermutet sich der Bergsturz gelöst hatte, so schnell kam die Natur auch wieder zur Ruhe. Vereinzelt tanzten noch ein paar Felsblöcke funkenstiebend die Wände hinab, dann war der Spuk vorüber.
   Zitternd und triefend ließ ich mich zu Boden sinken, presste meine Hände gegen das schmerzende Knie. Nach ein paar Minuten versuchte ich das Bein anzuziehen und stellte erleichtert fest, dass es geprellt, aber nicht gebrochen war. Der wässrige Blutfleck einer Platzwunde breitete sich gemächlich auf dem Stoff meiner Hose aus.

Jenseits des Sees erstreckte sich ein unüberschaubares Feld aus Gesteinstrümmern und losem Geröll Hang abwärts. Es hinabzusteigen erwies sich als wahrlich halsbrecherisches Unterfangen. Ständig lösten sich beim Auftreten Gerölllawinen oder Felsbrocken, wodurch der Hang stellenweise instabil wurde und die Gefahr bestand, dass auch über mir Gestein zu rutschen begann. Meine Beine schmerzten inzwischen vom Abstieg, jedes Auftreten jagte einen Stich durch meine Kniegelenke. Immer öfter musste ich pausieren, bis der Schmerz nachließ, um anschließend wieder ein paar Dutzend Meter talwärts zu klettern. Irgendwann wurde das Geröllfeld ebener und ging schließlich in weichen Tundraboden über. Meine Hoffnung, ich hätte endlich den Talgrund erreicht, war aber nur von kurzer Dauer. Der Nebel war in dieser Höhe nicht mehr so dicht wie im Gipfelbereich, und so erkannte ich, dass ich nur eine weitere Hochfläche erreicht hatte. Jenseits von ihr ging es weiter bergab. Ehe ich mich versah, stand ich bis zu den Knöcheln im Wasser eines zweiten Sees.
   Am gegenüberliegenden Ufer streunte ein Polarfuchs entlang und warf mir hin und wieder einen nervösen Blick zu. Ich beobachtete ihn, bis er hinter Felsen im Nebel verschwunden war. Als ich um den halben See gewatet war, stieß ich auf einen seltsamen Abdruck im Uferschlamm. Zuerst hielt ich ihn für eine Hufspur, die ein durstiges Tier beim Trinken in den Boden gescharrt hatte, bis ich weitere dieser Abdrücke entdeckte.
   Ich weiß nicht, ob ich sie Fußabdrücke nennen darf, denn dazu waren sie zu eigenartig geformt, geradezu furchteinflößend. Manchmal ist es nicht von Vorteil, über eine zu bildhafte Phantasie zu verfügen. Ich ging langsam weiter und entdeckte bald Hunderte dieser bizarren Abdrücke, woraufhin ich fieberhaft nachdachte, was für eine Art von Tier solche Spuren zu hinterlassen vermochte. Und erneut fragte ich mich: Wo hatte es mich hinverschlagen? Der Polarfuchs - war es wirklich ein Fuchs gewesen, verdammt? - sprach für Mutter Erde, der Schatten des riesigen Wurmes dagegen.
   Befand ich mich in der Vergangenheit? Nein, ausgeschlossen, das wäre zu absurd. Zeitreise! Ich lachte leicht hysterisch auf. Science-Fiction! Noch nie hatte ich davon gehört, dass einst riesige Würmer auf der Erde lebten. Der megascolides australis ist wohl die gegenwärtige Ausnahme. Aber bei allem Respekt, er bleibt ein Regenwurm, mehr nicht.
   Wenn nicht die Vergangenheit, dann also eine ferne Zukunft?
   Ich betrachtete die Abdrücke im Schlamm. Was für eine Zukunft, Akademiker? Eine voller Mutationen und Rieseninsekten? Ironischerweise musste ich an die Aufschrift der Hinweisschilder im Daneborg-Nationalpark denken: Take nothing but pictures, leave nothing but footprints.
   Eine gute Freundin und Paläobiologin hatte vor Jahren am Institut Diavorträge gehalten, die ich sporadisch besucht hatte. Ihr Fachgebiet war die Fauna der Ur- und Vorzeit und damit auch das Erkennen und Zuordnen fossiler Spuren. Sie hatte jedoch nicht nur über versteinerte Abdrücke von Dinosauriern, Riesenlurchen und Ur-Säugern referiert, sondern auch Vergleiche zu heute lebenden Tierarten - vornehmlich Reptilien, Vögeln und Insekten - gezogen. Die Spuren, die den Uferschlamm ringsum bedeckten, ähnelten denen einer Kreuzung der letzten beiden Arten: Kaum größer als meine Stiefelabdrücke, besaßen sie in der Mitte eine ballenartige Vertiefung, von der gezahnte, einander gegenüberliegende Scherenpaare ausgingen. Beim Anblick dieser Klauenabdrücke erinnerte ich mich an einen Horror-Streifen aus den fünfziger Jahren, bei dem ich mich als Kind vor dem Fernseher gegruselt hatte: Formicula.
   Beklommen revidierte ich meine anfängliche Sorge und fragte mich stattdessen: Wie hoch ins Gebirge krabbeln Riesenameisen?

Als ich weiter bergab humpelte, ertappte ich mich dabei, die vernebelte Umgebung immer argwöhnischer nach Bewegungen und verdächtigen Formen abzusuchen, jedes Geräusch überzuinterpretieren, bei jedem Vogelpfeifen zusammenzuschrecken und mich verfolgt, beobachtet und belauert zu fühlen. Als sich der Nebel endlich lichtete und als trübe Dunstdecke über mir zurückblieb, atmete ich erleichtert auf.
   Die Landschaft, die sich nun offenbarte, ließ meinen Atem jäh wieder stocken: Dreihundert Meter unter mir erstreckte sich das breite, grün blühende Urstromtal eines Gletschers. Kesselseen, Drumlins, Findlinge und Schuttkegel bedeckten den Talgrund, durchschnitten vom Wall einer Grundmoräne und einem schmalen Flusslauf. Nirgendwo war ein Anzeichen menschlichen Lebens auszumachen, ebenso wenig entdeckte ich größere Tiere. Auf den ersten Blick wirkte das Tal völlig unberührt und ausgestorben, wilde, unbändige Natur. Das änderte sich jedoch, als ich den ›Wald‹ betrat.
   Dunkle, sirrende Wolken begannen im Nu um mich herum aufzusteigen; Myriaden von Mücken, die sich auf alles stürzten, was Blut in sich trug. Ich wedelte wild mit den Armen, um sie zu vertreiben, aber es erwies sich als sinnlos. Daher setzte ich die Schneebrille auf, zog die Kapuze über den Kopf und schnürte sie vor meinem Gesicht so weit zu, dass ich nur noch durch ein kleines Loch hinausschauen konnte. Anschließend verstecke ich meine Hände in den Ärmeln. Zwar konnte ich kaum noch erkennen, wohin ich trat und sah ungemein lächerlich aus, aber das war immer noch besser, als innerhalb von Minuten Hunderte quälender Mückenstiche abzubekommen.
   Besagter Wald selbst war ein boreales Dickicht aus anfangs fingerhohen Birken und Polarweiden, die zum Talgrund hin langsam auf Kniehöhe, dann bis auf Hüfthöhe anwuchsen. Ich fühlte mich beim Blick über das Wipfelmeer wie Gulliver bei einem Marsch durch den königlichen Wald von Lilliput, und suchte den Boden nach kleinen Häusern und winzigen Menschen ab. Was ich statt dessen aufschreckte, waren faustgroße, pelzige, hamsterähnliche Kreaturen, die fiepsend wieder im Dickicht verschwanden; Lemminge. Der Untergrund wechselte ständig zwischen Moor und Heide, und jeder meiner Schritte wurde begleitet von weichem Nachfedern oder feuchtem Schmatzen. Unzählige Glockenblumen bedeckten den Boden - und winzige Heidelbeeren!
   Ich kroch zwischen den Bäumen umher wie ein hungriger Riese und pflückte die stecknadelkopfgroßen Früchte zu Hunderten ab. Hin und wieder stieß ich dabei auf Rotkappen; essbare arktische Pilze, die ich mit einem wahren Heißhunger verschlang. Die kulinarische Krönung - der Vogel mochte mir den Kindsmord verzeihen - lieferte ein Nest mit drei Eiern.
   Einigermaßen gesättigt, verschnürte ich mich wieder und kämpfte mich weiter durch Sumpf und Gesträuch. Der Anorak bot inzwischen auch keinen optimalen Schutz mehr gegen die Stechmücken; sie schlüpften selbst unter die Kleidung. Mein Ziel war daher der Gletscherbach; einerseits um mich zu waschen und nicht mehr durch den Sumpf waten zu müssen, andererseits um meinen Durst zu stillen. Dasselbe an einem der kleineren Bergbäche zu versuchen, hatte ich wegen der Moskitos längst aufgegeben. Am schlimmsten war es in der Nähe der kleinen Kesselseen. Hier gesellten sich zu den Plagegeistern der Luft noch Legionen von Blackflies und Flöhen. Der gesamte Sumpfboden und die Uferregionen waren bedeckt von schwarzen Matten springender und summender Insekten, die alle nur ein Verlangen hatten: Blut. Angesichts dieser Übermacht wunderte es mich nicht mehr, dass mir kein größeres Tier, ja nicht einmal ein Hase oder ein Fuchs im zentralen Tal begegnete. Lediglich Falken und Bussarde zogen weit über mir ihre Kreise, und hin und wieder flogen ein paar Wildgänse über mich hinweg.
   Die Vorstellung einer gebratenen Gans brachte die Entscheidung, dass ich unbedingt eine Waffe benötigte; einen Bogen, um Hasen oder Vögel zu schießen, oder zumindest einen Speer, um Fische zu fangen. Und vor allem, um mich ein wenig sicherer gegenüber jenen Kreaturen zu fühlen, die die Bergregionen dieser Welt bevölkerten und womöglich Menschenfleisch bevorzugten.
   Auf Dauer von Vogeleiern, Beeren, Pilzen und einer Portion Glück beim Erbeuten von Forellen oder Lemmingen zu leben, war kein Gedanke, mit dem ich mich sonderlich gut anfreunden konnte. Ich benötigte zudem einen Unterschlupf, eine Höhle oder ähnliches. Einen geschützten Ort für eine Feuerstelle und einen Schlafplatz. Fieberhaft überlegte ich, wie die Inuit einst ihre Wohnplätze errichtet hatten; als Hütten mit Dächern aus Grassoden, oder als Rundzelte, die mit Tierfellen bespannt waren. Aber wie kam ich an Tierfelle? Und wo fand ich in einem Gebirge, das aus Granit und paläozoischen Gneisen bestand, eine natürliche Höhle?
   Willkommen in der Steinzeit, Akademiker. Grab dir ein Loch und leg dich rein!
   Ich sah mich im Geiste bereits halbnackt, verwildert und mit Speer und Steinaxt bewaffnet durch das Tal streifen. Zumindest hatte ich noch die Möglichkeit, dem Gletscherbach flussabwärts zu folgen, um vielleicht auf eine Siedlung zu stoßen. Andererseits war nicht auszuschließen, dass eine Begegnung mit Talbewohnern, die noch nie einen Menschen wie mich gesehen hatten, sich als extrem gesundheitsschädlich erweisen würde. Der Opferungstraum kam mir plötzlich wieder in den Sinn. War er eine Vision meiner Zukunft gewesen?
   Ich schüttelte den Kopf. Falls ich tatsächlich in eine ferne Vergangenheit verschlagen worden war, konnte ich nicht sicher sein, ob dieses Land - falls es sich um Grönland handelte - bereits von Menschen bevölkert war. Der Schatten des lichtscheuen Riesenwurmes und die Klauenspuren am Ufer des Bergsees legten jedenfalls die Vermutung nahe, dass ich mich sehr weit von meiner eigenen Zeit entfernt hatte. Besäße ich doch nur ein Fernglas, um den Himmel intensiver zu betrachten ... Alle bekannten Sternbilder der nördlichen Hemisphäre waren vorhanden. Dass ihre Konstellation verzerrt war und sie anders aussahen, als ich sie kannte, ließ lediglich darauf schließen, dass sich die Sterne im Laufe der Jahrtausende weiterbewegt oder noch nicht die Position erreicht hatten, unter der sie auf den modernen Sternenkarten dargestellt werden. Angesichts der Lebensspanne eines Menschen bleibt ein Fixstern ein Fixstern, doch über Jahrtausende gesehen besitzt dieser Begriff keine Bedeutung. Leider reichten meine astronomischen Kenntnisse nicht, um sagen zu können, welcher Stern seine Position in welcher Weise am Firmament ändert.
   Aber mit einem Fernrohr ... Ein einziger Blick auf den Krebsnebel, und ich wüsste zumindest, ob ich mich in der Vergangenheit oder Zukunft aufhielt. Die Möglichkeit, dass die Sternbilder nur deshalb so verzerrt wirkten, weil ich sie von einem anderen Planeten aus betrachtete, stellte ich ganz hinten an. Aber zugegeben: Ich spielte mit ihr. Wobei mir die Stiche der Blackflies und Moskitos regelmäßig die Gewissheit gaben: Dies kann nur die Erde sein.
   Der Krebsnebel entstand rund eintausend Jahre nach unserer Zeitrechnung durch die Explosion einer Supernova. Er war jünger als Karl der Große oder Leif Erikson. Da ich mich - hoffentlich - noch immer auf der Ostseite Grönlands befand, wanderte ich durch ein Tal, dass in meiner Zeit von einem mächtigen Gletscher oder bereits vom Eisschild bedeckt war. Um in der Arktis derartige Eismassen zu schmelzen, waren unter normalen Umständen mehr als eintausend Jahre nötig. Ich müsste also nur den Nachthimmel studieren und den Krebsnebel suchen. Fehlte er, befand ich mich in der Vergangenheit. Hatte er sich ausgedehnt, befand ich mich in der Zukunft. Wäre ersteres der Fall, könnte ich meine Vorgehensweise anhand der Geschichte koordinieren. In letzterem Fall jedoch ...

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